8.-10. Juli – Tut-tut nach Yogyakarta und Tempeltour

Unser Zug heute ist wieder etwas luxuriöser, d.h. wir haben jeder einen Sitz mit Armlehne für uns alleine, und müssen uns nicht, wie auf dem Weg nach Malang, eine Bank zu dritt teilen. Auch genügend Platz für unsere Rucksäcke findet sich im Zug, der trotz gleicher Klasse wie beim letzten Mal anders ist und zum Glück mehr Platz bietet.

Wir wollten uns nach der Erfahrung mit dem Hotelzimmer vom Vortag mal wieder etwas gönnen und buchen daher ein besseres Hotel, das auch nicht weit vom Zentrum liegt. Die anfängliche Freude darüber verfliegt jedoch schon am zweiten Tag als wir am Nachmittag einige Zeit auf dem Zimmer verbringen und mehrere Kakerlaken an uns vorbeihuschen sehen. Wir wechseln das Zimmer und es ist dann ok, aber ich bin angewidert und enttäuscht vom Hotelpersonal, das die Sache als “kleinen Zwischenfall“ bezeichnet und uns zunächst gar kein anderes Zimmer geben wollte, sondern nur die Kakerlake, die wir getötet hatten, wegräumen und mit Insektenspray das Zimmer einsprühen wollte…

Abgesehen davon sind die beiden Tempel, die wir uns anschauen, sehr schön. Beide erreichen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln, was in Yogya (wie die Ortsansässigen zu Yogyakarta sagen) ziemlich gut funktioniert und auch sehr günstig ist. Am ersten Tag fahren wir mit den Bus zum Borobudur, einem buddhistischen Tempel. Dort nehmen wir uns einen Guide, der uns viel über den Buddhismus, die Zeichnungen an den Außen- und Innenwänden des Tempels sowie über die zwei Restaurierungen und die Säuberung des Tempels nach dem Vulkanausbruch von 2006 erzählt. Es sprechen uns lustigerweise irgendwann auch Schüler an, die um ihr Englisch zu üben, während der Ferien mehrere Stunden pro Tag versuchen mit Touristen sprechen. Julian hatte davon im Vorfeld gelesen und wir finden es witzig, dass wir dann auch tatsächlich von ihnen angesprochen werden und so üben wir freundlich etwas mit ihnen.

Auch im Prambanan, einem hinduistischen Tempel, schließen sich uns als wir einen Guide buchen drei Schülerinnen an, um ihr Englisch zu verbessern:

Der Führer in dem Tempel (oben in orange) hat sehr viel Ahnung und sogar zwei Bücher über die beiden Tempel geschrieben. Er ist aber auch etwas seltsam, da er immer wieder die Fortpflanzungssymbole und Geschlechtsorgane und -akte in den Zeichnungen am Tempel besonders bildhaft herausstellt. Ich glaube, ich habe noch nie so oft die Worte Vagina und Penis in einem Vortrag über einen Tempel und eine Weltreligion gehört. Zum Schluss wollte der Guide auch noch, dass Julian und ich vor einer Zeichnung hocken und die Geschlechtsorgane der Abgebildeten anfassen. Letzteres haben wir unterlassen, so dass das Bild ganz züchtig aussieht.

In beiden Tempeln fällt aber eines auf: Es gibt sehr viele einheimische Besucher und wir scheinen dort für die meisten Indonesier die weitaus größere Attraktion als das Bauwerk zu sein, denn ständig werden wir gebeten uns mit ihnen ablichten zu lassen (was wir auch jedes Mal freundlich tun). Als Julian mich mal kurz alleine lässt, um auf Toilette zu gehen, werde ich drei Mal um ein Foto gebeten. Das vierte machen wir dann zu zweit als er wieder da ist. Als ich mal kurz auf Toilette gehe, wird Julian nicht einmal angesprochen. Tja, er hat eben keine blonden Haare und blau-graue Augen 🙂

Nein, aber im Ernst: Die Indonesier bestaunen unsere Andersartigkeit, da wir so weiße Haut haben, blonde Haare und manche eben auch blaue Augen. Außerdem, so erklärt uns der erste Guide, gelten unsere langen Nasen als Schönheitsideal. Florian, den wir in Yogyakarta wieder treffen, erzählt uns beim gemeinsamen Abendessen, dass er von jemandem Pinocchio genannt wurde. Auch, wenn das für Europäer vielleicht eher eine negative Konnotation hat, war das hier durchaus positiv gemeint. Java ist noch nicht so touristisch wie Bali, deshalb haben wir es auch erst hier bemerkt, dass wir wohl für viele Indonesier etwas “Besonderes“ sind. Später auf Sumatra sind die Leute, die normalerweise nicht mit Touristen arbeiten, noch mehr aus dem Häuschen, wenn sie uns sehen…

Apropos langer Nase: Julian wollte sich eine Sonnenbrille kaufen, gibt diese Idee aber schnell auf als er ein paar Modelle probiert hat. Die Sonnenbrillen hier sind für Indonesier gemacht und Julian einfach zu klein. Wenn er sie aufsetzt, reichen die Henkel nicht bis über beide Ohren, weil Julians Nase einfach zu lang ist. Hahaha, jetzt versteht man auch warum wir Europäer in Asien oft Langnasen genannt werden 🙂

Ein weiterer Eindruck, den wir auf Java gewonnen haben, ist, dass die Leute uns Touristen nicht abzocken wollen. Sowohl auf der Straße als auch im Bus oder Restaurant werden für uns nie andere Preise verlangt als für die normale Bevölkerung (mit Ausnahme des Eintritts in die Tempel, wo wir ein internationales, kein nationales Ticket kaufen müssen, was aber völlig ok ist). Auf Bali musste man ständig den Preis runterhandeln, weil er einfach oft 3 oder 4 Mal höher war als normal und am Ende hat man immer noch zu viel bezahlt, aber es dann doch gemacht. Das wurde auf die Dauer anstrengend, daher ist es hier jetzt sehr angenehm…