Kurz nach Mitternacht kommen wir in Dehli an und wollen nur schnell ins Hotel, das wir extra nah am Flughafen gebucht hatten, um rechtzeitig ins Bett zu kommen. Falsch gedacht, denn im Hotel gibt es ein Elektrizitätsproblem auf der Etage, auf der sich unser Zimmer befindet. Davon erfahren wir aber erst als wir empört von dem Zimmer, das wir vermeintlich gebucht haben sollen und das sich in einem anderen Hotel befindet, zurück zur Rezeption stürmen, um uns zu beschweren. Nach einer Weile ist dann eine Lösung gefunden und wir übernachten in einem Hotel nebenan, das sogar ein bisschen toller ist als das, was wir gebucht hatten.
Am nächsten Morgen ziehen wir in ein Hotel im Zentrum um. Mann, ist das laut und hektisch hier!, denken wir uns auf der Fahrt und ganz oft in den kommenden Tagen als wir Dehli erkunden. Es wird vor allen Dingen viel und lange gehupt, außerdem sind zig Leute auf den Straßen, die zum Teil eine sehr eigenwillige Auslegung der Verkehrsregeln zu haben scheinen. Obwohl dieser Trubel offensichtlich viel krasser ist als in Havanna, bin ich relativ gelassen. Ich glaube, das liegt daran, dass ich im Flugzeug etwas länger im Reiseführer gelesen habe und einfach besser auf Dehli eingestellt bin als ich es auf Havanna war. Dennoch ist es stressig hier, nicht zuletzt, weil wir als Ausländer unter den Indern extrem auffallen und ständig angesprochen werden: von lauernden Tuk-Tuk-Fahrern, von bettelnden Kindern, von aufdringlichen Ladenbesitzern und bei Besichtigungen auch von normalen Indern, die gerne ein Foto mit uns (meistens nur mir) haben wollen. Letzteres kann ganz schön anstrengend sein, denn meistens bleibt es, trotz der Frage nach “einem Foto“ nicht bei einem, da nicht nur der Mann, sondern auch seine Frau ein Bild wollen, da nicht nur der eine Junge ein Bild will, sondern auch seine Freunde nebendran, da nicht nur ein Einzelbild geschossen wird, sondern noch ein Gruppenbild, usw. Und haben erst die Leute drumherum gesehen, dass wir mit Indern Fotos machen, dann wollen sie auch welche. Irgendwann muss man einfach Nein sagen und fliehen… So ging es uns vor allem am ersten Tag als wir die Rote Festung in Dehli besucht haben. Ich habe sicher an die 50 Fotos mit anderen in der Festung gemacht. Der Höhepunkt war sicher die Familie, die mir ungefragt ihr Neugeborenes in die Hand drückte, um dann zusammen mit mir und dem Kleinen ein Foto von uns zu machen… Zugegeben, ich hatte ein sehr hübsches Kleid an dem Tag an, was laut unserer Freundin Anne “schon ein bisschen sexy für Indien ist“. Als ich an den anderen Tagen eine Hose anziehe, verringern sich die Anfragen deutlich, obwohl immer noch welche kommen, und als wir uns am India Gate, einem Minitriumpfbogen im Regierungsviertel von Dehli, befinden, lassen sich sogar ein paar Jungs die Bilder mit mir auf Hochglanzpapier ausdrucken…
Dehli ist anstrengend und das nicht nur wegen der Erfahrungen, die wir oben beschrieben haben. Wir schwitzen auch unheimlich hier, und zwar noch schlimmer als beim Dschungeltrekking in Bukit Lawang (was wir damals noch für unmöglich hielten). Wir schwitzen sogar so sehr, dass wir glauben uns aufgrund des erhöhten Ausscheidens von Mineralstoffen so schlapp zu fühlen. Hinzu kommt, dass wir nicht ausgewogen essen, um unseren Mineralstoffhaushalt auszugleichen, da wir Schwierigkeiten haben, wenn wir unterwegs sind (irgend)ein Restaurant zu finden. Im Reiseführer stand, dass man mit dem Straßenessen sehr vorsichtig in Indien sein soll und, wenn man es doch wagen sollte Essen von der Straße zu kaufen, eine Liste mit 15 Grundregeln beachten sollte. Das macht uns nicht wirklich Lust drauf und wenn wir uns die Straßen oder die Küche von manchen Restaurants so anschauen und die Eindrücke und Gerüche auf uns wirken lassen, dann wollen wir da eigentlich nichts essen. Das ist aber gar nicht unsere Art, denn in den Ländern, die wir vorher besucht haben, sind wir gerne in die kleinen Straßenlokale gegangen und haben das Essen dort immer sehr gemocht. Leider ist in Indien auf Tripadvisor bei der Restaurantsuche kaum Verlass, weil dort nur sehr wenige Restaurants zu finden sind und diese oft gar nicht mehr existieren, wenn wir davor stehen… So essen wir am ersten Tag Mittag im Hotel und am zweiten bei McDonalds, da wir nichts anderes finden… Dann kommen uns Anne und ihr Freund Vin zur Hilfe und versorgen uns mit einer Liste von indischen und ausländischen Restaurantketten im Land. Am dritten Tag essen wir mittags im Saravana Bhavan 🙂
Ansonsten machen wir in den ersten Tagen nach Ankunft in einem neuen Land das, was wir immer tun: Geld abheben und uns eine neue SIM-Karte besorgen. Hier in Indien ist mobiles Internet wirklich nicht teuer: Für die nächsten 84 Tage können wir innerhalb Indiens jeden Tag max. 1,4GB verbrauchen und zahlen dafür insgesamt nur ca. 7 Euro. Anders als sonst kaufen wir uns in Dehli auch einen Regenschirm, denn wir besuchen Indien in der Regenzeit und gleich am ersten Tag hat es ziemlich geschüttet.
Hier noch ein paar Eindrücke aus Neu und Alt Dehli, einschließlich des Mahatma Ghandi Monuments mit der brennenden Flamme: