29. Mai: Auf zu den heißen Quellen und weiter zum Eingang des Wakhan-Korridors

Heute kriegen wir mal richtig viel Schlaf. Erst um 9 Uhr fahren wir los. Für Julian war die Nacht allerdings nicht so schön. Obwohl wir alle das Gleiche gegessen haben, hat Julians Magen das Essen vom Vorabend wohl nicht so gut vertragen. Nachdem der Magen die ganze Nacht rumorte, entledigt er sich des unverträglichen Essens am frühen Morgen. Danach fühlt Julian sich sofort besser. Die Magentropfen zum Frühstück und magenschonende Kost sollen ihm helfen schnell wieder auf die Beine zu kommen.

Unser erster Stopp heute sind die Thermen von Garm Chashma. Normalerweise wird getrennt gebadet: es gibt Männer- und Frauenzeiten. Der Mitarbeiter sagt aber, wir könnten wählen, ob wir in einem Séparé gemeinsam baden oder im Hauptbereich. Wir gehen uns beide Orte anschauen und als wir im Hauptbereich eintreffen, sehen wir eine Gruppe nackter Männer. Wir sind etwas überrascht in einem muslimisch geprägten Land Nacktbader anzutreffen und merken später an der Reaktion unseres Fahrers, der total schockiert ist, dass das wohl eher ungewöhnlich ist. Die Männer geben uns zu verstehen, dass wir auch dazukommen sollen und ehrlich gesagt, tendieren wir auch zu dem Hauptbereich, da dieser draußen und einfach viel schöner ist. Wir sind aber etwas verunsichert, gehen erst einmal zurück und fragen unseren Guide, ob das angemessen ist. Der bespricht das mit dem Mitarbeiter, dieser wiederum fragt die Männer und diese sagen, es ist Ok für sie, wenn wir gemeinsam im Hauptbereich baden. Wir gehen also wieder zurück. Jetzt trägt jeder Mann plötzlich seine Unterhose, in der er badet. Hahaha. Vermutlich hat der Mitarbeiter ihnen das angeordnet. Wir ziehen uns also in einer der offenen Kabinen um. Freundlich weisen mir die Männer die Kabine zu, vor der sie sitzen, und ich ziehe meinen Bikini an. Dann baden wir nur ca. 15 oder 20 Minuten, länger geht es gar nicht so richtig in dem 60 Grad heißen Wasser. Ich klettere sogar noch auf den kleinen Felsen und erreiche zwei kleinere Quellen, die, wie wir später von einem Dorfbewohner erfahren, 75 Grad heißes Wasser transportieren. In dem Moment ist mir nur klar: das Wasser ist mir viel zu heiß!

Nach dem Thermenbesuch geht es auf eine kurze Wanderung. Da Julian sich nicht fit genug fühlt, bleibt er mit unserem Fahrer im Auto. Eigentlich will er schlafen, aber dann unterhalten sich beide die gute Stunde, die wir unterwegs sind, doch die ganze Zeit. Es hilft ihnen ein Onlineübersetzer, denn Julian spricht kein Russisch und Ismail kein Englisch. Auch ich amüsiere mich prächtig auf der Wanderung mit dem Guide und einem Dorfbewohner, der uns freiwillig begleitet und unheimlich viel über den Ort weiß. Nach dem Mittagessen mit Schaschlikspießen am Fluss tauschen Julian und ich uns aufgeregt über alles aus. Ich erzähle ihm, dass wir an der eisenhaltigen Narzanquelle waren, dass der Dorfbewohner erzählt hat, dass die Leute mittlerweile nur noch 3-4 Mal im Leben ihr Haus neu bauen müssen (früher sogar öfter), da diese von Lawinen oder Steinschlägen beschädigt werden oder, dass der Dorfbewohner jeden auf dem Friedhof kannte und mir auch erklärt, woran sie gestorben sind. Mir fiel insbesondere auf, dass einige junge Menschen dort lagen (zwischen 20-25 Jahren) und es scheint als wären gehäuft einige beim Drogenschmuggel umgekommen (dem sie sich aus Mangel an anderen Einkommensalternativen zuwenden) und andere hätten sich aus wirtschaftlichen Problemen heraus das Leben genommen. Julian auf der anderen Seite erzählt mir, dass er ein sehr interessantes Gespräch mit Ismail zum Ukrainekrieg hatte und, dass Ismail vor einigen Monaten einen schrecklichen Schicksalsschlag erlitten hat.

Am Abend erreichen wir dann Ishkoshim, den Eingang des Wakhan-Korridors. Auf der Fahrt entstehen wieder wunderschöne Fotos und auch ein Gruppenbild mit uns vieren. Im Homestay treffen wir ein deutsch-rumänisches Pärchen, das wir irgendwie komisch finden. Erst gehen sie beim Einchecken rückwärts wieder mit ihren Rucksäcken raus, was die Vermieterin gar nicht gut findet, dann bleiben sie, aber nur, weil sie den Preis viel zu niedrig diktieren und die tadschikische Gastfreundschaft jemanden nicht abweisen würde. Später erzählen sie, dass es ihnen wichtig ist, den lokalen Leuten etwas zurück zu geben. Gleichzeitig behandeln sie unseren Guide aber etwas herablassend und erwarten von ihm ständig zu übersetzen. Irgendwie ist es zwar nett mal ein paar Touristen zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten, aber so richtig werden wir nicht warm mit ihnen. Zum Glück ist unser Auto voll und es besteht kein Zwang sie mitzunehmen, denn sie trampen oder benutzen Sammeltaxis, wo es welche gibt, um sich fortzubewegen. Julian kriegt von alledem aber nicht so viel mit. Ihm geht es seit unserem kleinen Spaziergang durch die Stadt wieder schlechter und er hat sich hingelegt, steht nur kurz zum Essen auf. Wir bemerken, dass er 39 Grad Fieber hat und nehmen an, dass der Körper wohl irdendetwas bekämpft, was im Essen war. Er nimmt eine fiebersenkende Tablette und schläft fast die ganze Nacht gut durch. Erleichtert stellen wir am nächsten Morgen fest, dass das Fieber weg ist und Julian sich wieder deutlich besser fühlt.

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