4. Juni: Ab nach Panjakent und zu den Ausgrabungen von Sarazm

Heute fahren wir nach Panjakent, einer Stadt mir nur ca. 42000 Einwohnern. Auf dem Weg dahin besorgen wir ein stärkeres Durchfallmittel, was allerdings erst abends richtig zu wirken beginnt. Entsprechend oft halten wir auf dem Weg nach Panjakent:-) Die Stadtbesichtigung in Istarafshan lassen wir ausfallen, kaufen dort nur etwas Wasser und gehen auf die Toilette. Unser Guide meint, dass Panjakent schöner wäre und wir lieber dort Zeit verbringen sollten. Kein Problem für uns. Die Stadt ist auch echt klein. Und die Fahrt nah Panjakent, durch das Aynital, ist auch sehr schön. Im Reiseführer steht, dass der Norden im Vergleich zum Rest des Landes relativ flach ist. Ja, das stimmt, aber die Berge hier sind auch nicht klein.

Während ich auf der Fahrt viel schlafe, unterhält sich Julian blendend mit unserem Guide. Sie reden über sein Autobusiness (er importiert wohl ältere Autos aus Schweden, repariert sie und verkauft diese dann mit Gewinn in Tadschikistan), wie Sachen in Tadschikistan laufen (politisch, militärisch, usw.), über geologische Zusammenhänge, als was der Guide in Schweden gearbeitet hat, etc. Es ist sehr interessant, wenn wir auch den Eindruck haben, dass nicht alles davon vollkommen legal ist. Es scheint als wäre er nicht der Einzige, der die Lücken des Sytems ausnutzt.

In Panjakent angekommen suchen wir nach einer Essensmöglichkeit. Wie üblich, fragt sich unser Guide durch. Das scheint in Tadschikistan (und anderen post-sowietischen Ländern) so zu funktionieren und man erkennt an, dass die Ortsansässigen, die Stadt einfach am Besten kennen – sei es um nach den Weg zu fragen, nach Empfehlungen für Restaurants,  Sehenswürdigkeiten oder, wie in der Pamirregion,  nach der Sicherheitslage. Unsere Hilfe mit den Offlinekarten von Mapsme wird zwar manchmal angenommen, vor allem als wir im Pamir mit schlechtem Empfang unterwegs waren, aber ohne eine Bestätigung des Weges von einem Ortsansässigen geht die Fahrt nicht weiter. Nun ja, zurück zu unserem Mittagessen. Zunächst wird uns das Restaurant Nigina empfohlen (das so heißt wie die Sängerin vom Vorabend), allerdings ist es dann geschlossen. Ein weiterer Ortsansässiger empfiehlt uns alternativ zum Restaurant am See zu fahren. Gesagt, getan. Das Restaurant ist wirklich nett: es gibt frei umher laufende Pfauen, viele Tauben und auch ein Steinhuhn, das allerdings im Käfig gehalten wird. Laut Google finden manche Leute den Gesang so schön, weshalb sie es so halten, aber ich finde es klingt nur wie ein gackerndes Huhn im Käfig. Wie auch immer, es gefällt uns hier so gut, dass wir zum Abendessen wieder zurück kommen sollen. Dann kriegt Julian auch doch noch seinen Kebabspieß, der jetzt leider mindestens eine Stunde gedauert hätte, was uns zu lang dauerte.

Nach dem Mittagessen geht es aber erst einmal zu den Ausgrabungen von Sarazm, die 2010 ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurden, wohl dem einzigen in Tadschikistan. Die Siedlung wurde 1976 zufällig von einem Dorfbewohner entdeckt und ist wohl eine der ältesten Städte Asiens. Mittlerweile sind die Ausgrabungen überdacht, aber wohl nicht seit Anfang an, was man leider an deren Verfall sehen kann. Viele der Fotos vom Fund zeigen, dass die Ausgrabungsstätte deutlich besser erhalten ware als sie entdeckt wurde. Obwohl ich kräftemäßig ganz schön zu kämpfen habe, ist es sehr interessant die Ausgrabungen und das dortige Museum, das mittlerweile die originale Prinzessin beherbergt, zu besuchen, trotz der knallenden Hitze. Gemessen an der Bedeutung, ist es aber auch schade zu sehen, dass so wenige Touristen hierher kommen. Es gibt Parkplätze für nur 5-6 Autos, die Guides, die früher hier Führungen gegeben haben, existieren nicht mehr, und auch sonst scheint fast nichts los zu sein. Unser Guide meint, dass es die meisten Leute von Dushanbe gar nicht bis hierhin schaffen und eher lokale Leute sich die Ausgrabungen anschauen.

Unser Hotel heute ist einsame Spitze. Richtig edel, mit einem Obstteller im Zimmer und echt gutem Wasserdruck. Mir ist es wichtig sich ab und zu doch mal richtig wohl zu fühlen. Heute ist das definitiv der Fall. Zum Abendessen kehren wir wieder in das Restaurant am See ein. Wir haben auch den selben Kellner. Er sieht sehr jung aus und am Ende des Abends unterhalten wir uns, mithilfe des Guides etwas mit ihm. Er erzählt, dass er im Dorf wohnt, 16 Jahre alt ist und schon seit 6 Jahren in diesem Restaurant arbeitet, immer nach der Schule. Sein Kumpel, auch Kellner in dem Restaurant, ist 15 Jahre alt. Wir haben schon immer wieder mal Kinder in Restaurants gesehen, dachten aber naiverweise, dass diese zu den Besitzern gehören. Unser Guide meint, dass Kinder eigentlich auch in Tadschikistan nicht arbeiten dürfen, aber manchmal halt doch, um die Familie zu unterstützen. Der Staat kontrolliert nicht ausreichend genug, vermutlich auch nicht ganz unabsichtlich.

Nach dem Abendessen setzt uns der Guide am Hotel ab und wir gehen spontan im darunterliegenden Supermarkt noch etwas einkaufen. Ich suche Kontaktlinsenflüssigkeit, aber die gibt es wohl nur in Khujand oder Duschanbe. Ich muss also mit dem Rest haushalten. Julian möchte noch ein Eis, also beschließen wir, während er es isst, noch kurz im Rudakipark gegenüber vom Hotel zu schlendern. Irgendwie scheinen wir aufzufallen, denn alle im Park schauen uns nach. Zwei Kinder begrüßen uns mit einem „Hello“ und „What’s your name?“, schwirren dann immer in unserer Nähe umher und fragen am Ende noch nach einem Selfie. Das befindet sich jetzt auf Ihrem Telefon.

Im Park gegenüber unseres Hotels