Man braucht 2 Tage, um in den Pamir zu gelangen. Die indische Reisegruppe macht den Rückweg zwar an einem Tag, aber das ist eher ungewöhnlich und bedeutet mindestens 14 Stunden Fahrt. Besonders auf der ersten Etappe von Khorugh nach Kalaikum ist die Straße sehr schwierig, danach, von Kalaikum nach Duschanbe, geht es dann viel besser. Es ist interessant wie sich die Wahrnehmung verändert. Auf dem Hinweg habe ich die Strecke zwischen Kalaikum und Khorugh noch als Höllenritt bezeichnet, jetzt denke ich, sie ist gar nicht so schlimm. Wir sind offensichtlich später viel schlimmere Straßen gefahren, sonst würde es uns jetzt nicht so vorkommen.
Am 1. Juni fahren wir um 6 Uhr morgens von Khorugh los. Es gab am Vorabend eine kleine Diskussion mit dem Fahrer, der meinte, er würde es bis zur Straßensperre in 4 Stunden schaffen und deshalb erst um 7 Uhr loswollte. Der Guide und wir hatten etwas Bedenken, da wir auf dem Hinweg den ganzen Tag unterwegs waren, und wollten daher eigentlich um 5 Uhr los, um rechtzeitig zur Öffnung der Straße da zu sein. Am Ende schließen wir einen Kompromiss, fahren um 6 Uhr los, müssen dann aber noch eine Stunde an einer Straßensperrung warten, die allerdings früher als erwartet kam. Naja, unser Fahrer hatte wohl doch eher recht, wahrscheinlich, weil auch er nun mehr Erfahrung gesammelt hatte und auch deutlich schneller unterwegs war. Obwohl er auch ganz schön leidet. Als wir an der Straßensperrung halten müssen fragt er mich, warum er so rote Augen hat, und ich gebe ihm meine Augentropfen zur Linderung. Ich zeige ihm, wie man sie benutzt, aber natürlich schafft er es nicht sie sich alleine reinzumachen. Das werde ich in der Wartezeit ein paar Mal für ihn machen. Ich erkläre ihm dann, dass es auch an der starken Sonne liegen kann und er meint, dass er keine Sonnenbrille hat. Ich glaube es war hier, wo er mir sagt, dass er einfach nicht für die Berge gemacht ist. Wir lachen beide.
Irgendwann auf der Strecke ruft mich der tadschikische Arbeitskollege vom Workshop an. Er erkundigt sich freundlich, ob alles in Ordnung ist, bietet noch einmal seine Hilfe an, falls ich irgendetwas brauchen sollte, und schickt mir am Ende sogar noch den Kontakt eines Kollegens im Pamir. Dieser ruft mich am Folgetag sogar an, fragt nach, ob er mir irgendwie helfen kann, und wirkt fast etwas enttäuscht als ich ihm sage, dass wir schon wieder auf dem Rückweg sind. Ach, es ist echt nett zu sehen, dass sich alle so um einen sorgen. Ich berichte dem Kollegen auch, dass wir das Obst schon fast komplett aufgegessen haben und schicke ihm noch ein paar Fotos aus der Region per WhatsApp.
Da wir alle Straßensperrungen mittags durchfahren mussten, was ca. 90 Minuten gedauert hat, können wir erst danach eine Mittagspause machen. Erst 15 Minuten vor unserem heutigen Etappenziel Darvoz bei Kalaikum finden wir ein Restaurant. Wir sind alle total fertig und schlafen beim Essen fast ein, nicht zuletzt, weil irgendwann das Licht ausgeht. Irgendwie raffen wir uns dann aber doch wieder auf, denn das Restaurant ist nicht weit weg von Karon und so beschließen wir danach noch hoch zu der antiken Stadt zu wandern. Aus den 1,4 km laut Schild werden in der Realität 2 km pro Richtung, die auf dem Rückweg bergab deutlich leichter zu passieren sind. Wir machen ein paar schöne Fotos und lassen den Abend ruhig im Homestay ausklingen. Wir sind froh, dass wir Karon noch machen konnten; eigentlich war das für den Hinweg geplant, aber da wir so früh aufstehen mussten um rechtzeitig die Straßensperrungen zu passieren, hatten wir dafür keine Zeit.
Am nächsten Tag fahren wir mit einen tiptop geputzten Auto zurück nach Duschanbe und machen wieder einige schöne Fotos. Unser Fahrer hat am Vorabend noch das Auto geputzt, weshalb wir alle Sachen rausnehmen mussten. Das passte uns ganz gut, so konnten wir schon alles für den Flug nach Khujand zusammenpacken. Ein letztes Mal frühstücken wir in unserem Homestay auf der Terasse über dem Flüsschen. Apropos, der Fluss führt nun richtig viel Wasser und ist eher ein reißender Strom geworden, dabei waren wir nur ein paar Tage weg. Gestern Abend wurde es auf der Terasse auch noch ziemlich abenteuerlich, da es extrem windig war und der Wind so einige Sachen umgeworfen bzw. in den Fluss geweht hat, z.B. die Schüssel der Besitzerin. Unser Guide erzählt uns am nächsten Tag, dass der Wind Afghanka genannt wird, also afghanischer Wind.
Am letzten Tag passiert noch so einiges. U.a. erzählt unser Guide, dass sie alle Check-Points nur passieren konnten indem sie Geld über den Tisch haben wachsen lassen. Üblich sind wohl 1 oder 2 Dollar. Natürlich sagt kein Beamter, dass er Geld will, er stellt einfach nur viele Fragen und am Ende bezahlen die Tadschiken halt Geld, um weiterfahren zu dürfen. Das Gleiche passiert wohl bei der Polizei, die uns allein in Kubol gleich zwei Mal anhält. Manchmal zieht das Argument, dass unser Guide sagt, er hat internationale Gäste im Auto, aber nicht bei allen. Ausserdem werden wir beim Mittagessen noch so richtig abgezogen. An der Straße in Nurek fragen wir nach einem Platz zum Essen und die Kinder dort weisen auf einen Ort ein kleines Stückchen weiter. Der ist wirklich traumhaft, mit einem Taptschan direkt am Wasser. Wir essen leckeren Fisch und Pilze, gehen am Ende sogar noch baden, was auch ziemlich toll ist, wenn auch viel kälter als erwartet. Der Schock kommt dann erst am Ende als wir unseren Guide einsammeln wollen und der mit dem Besitzer lautstark diskutiert. Vom Guide erfahren wir später, dass sie dreimal so viel für das Essen haben wollten wie üblich und, dass sie wohl das Gewicht des Fisches beim Fang, nicht, wie üblich, beim Servieren berechnet haben. Nach 15 Minuten Diskussion und einem 1:3 Ungleichgewicht, bezahlt unser Guide verärgert. Er sagt, er habe soetwas noch nie erlebt und wird sich beim Bürgermeister beschweren, damit der Laden geschlossen wird. Ob er das am Ende tatsächlich macht oder den Einfluss hat, wissen wir nicht, manchmal sagt man solche Dinge ja auch nur so dahin in Rage. Es tut uns trotzdem leid für ihn und überschattet etwas den tollen Nachmittag und Ort dort. Die Fotos sind aber ganz nett geworden.
Am Ende bringen uns die beiden noch zum Flughafen, wir geben Ihnen beiden ein großzügiges Trinkgeld und verabschieden uns von Ihnen. Der Fahrer fand uns sehr nett, will uns nächste Woche in Duschanbe zum Spaziergang treffen und wir tauschen Nummern aus. Er fragt, wann wir wieder mal hier sind und ob er uns anrufen kann, wenn er in den USA ist, was wir bejahen. Auch unser Guide meint, dass er vielleicht die Stadtführung in Duschanbe nächste Woche organisiert. Vielleicht sehen wir dann beide ja noch einmal vor der Abreise wieder, was uns sehr freuen würde. Dann können wir mit dem Fahrer auch noch einmal Englisch üben. Das haben wir während der letzten Tage ständig gemacht und er hat richtig viel aufgeschnappt, mir sogar den einen Tag eine Vokabelliste gezeigt und ich habe ihn abgehört. Er scheint jetzt richtig motiviert zu sein. Das freut uns.