Am Morgen rufe ich noch vor dem Frühstück bei der Unterkunft in Diani Beach an, um mich nach dem Weg zu erkundigen. Eigentlich wollen wir Mombasa umfahren und auf einer Nebenstrecke unser Ziel erreichen; dafür gibt der Besitzer uns auch grünes Licht. Wir freuen uns, dass endlich mal etwas wie geplant läuft und verkünden die frohe Botschaft Christine und Manfred beim Frühstück. Nach dem Frühstück sehe ich 2 Anrufe und eine SMS vom Besitzer auf meinem Tablet. Als ich zurückrufe sieht alles ganz anders aus. Jemand wäre die Strecke am Vortag gefahren (Ortsansässige, mit einem Landcruiser) und es war ziemlich glatt, so dass sie das kurze ungeteerte Stück (ca. 25 km) nur im Schneckentempo hinter sich bringen konnten. Falls es also geregnet hat, sollen wir lieber durch Mombasa durch, statt die Nebenstrecke zu fahren, rät uns der Besitzer. Wir sollen in dem Ort, wo der Abzweig abgeht, fragen, ob es geregnet hat, und dann unsere Entscheidung treffen. Als wir in den Ort reinfahren, regnet es, also ist unsere Frage beantwortet. Außerdem haben wir in Voi am Morgen nicht getankt und die nächste autorisierte Tankstelle kommt erst 30 km hinter dem Abzweig, was einen Umweg von einer Stunde bedeuten würde. Ein weiteres Zeichen, dass wir wohl die unbeliebte Mombasa Road nehmen sollen, auch, wenn wir darauf keine Lust mehr haben. Wir hatten gehofft, sie heute nach max. 2 Stunden für immer hinter uns lassen zu können, aber wir nehmen lieber den sichereren Weg. Immerhin bedeutet dieser keinen riesigen Umweg und auch keine deutliche Verlängerung unserer Reisezeit, denn die Strecke verläuft zwar leicht anders, aber quasi parallel.
Die Fahrt durch Mombasa ist ein besonderes Erlebnis. Der Stadtverkehr ist vollkommen chaotisch und ganz anders als in Nairobi. Überall sind Tuk-Tuks unterwegs, die sich irgendwo durchzwängen. Es gibt keine Ampeln, man muss sich also mit den anderen Verkehrsteilnehmern arrangieren. Neben Tuk-Tuks gibt es auch Autos, Leute, die Karren durch die Straßen schieben, und natürlich Fußgänger, die das Chaos perfekt machen. Außerdem hat es geregnet, d.h. das Wasser staut sich in vielen Hauptstraßen und verkleinert die breiten Straßen an einigen Stellen auf die Hälfte. Einige Tuk-Tuks versinken in den großen Pfützen zur Hälfte im Wasser, denn manchmal können die geübten Tuk-Tuk-Fahrer auch diese nicht komplett umfahren. Was für ein Trubel! Aber wir haben keine Angst, denn unser Landcruiser wird respektiert, die Leute machen Platz, und wir kommen gut durch. Nach einem kleinen Umweg am Hafen, den wir zwar laut Google, nicht aber laut Hafenpersonal durchfahren können, erreichen wir die Likoni-Fähre. Dort dauert es länger. Wir haben unser MPesakonto zwar aufgeladen, aber schaffen es nicht eigenständig zu bezahlen. Der Mitarbeiter hilft uns dann und es klappt. Die Fahrt auf der Fähre ist dann sehr kurz, aber wir knüpfen gleich Kontakt. Endlich mal aussteigen und etwas Wind um die Ohren. Das tut gut.
Danach ist es dann nicht mehr weit und wir checken in unser Hotel ein. Es liegt direkt am Strand und unsere Zimmer sind wunderschön. Auch Christines und Manfreds, nachdem am nächsten Tag ein Wechsel stattfindet und sie das größte Zimmer im Hotel bekommen. Das hat sogar 2 Duschen und einen 4 Sitzer als Sofa. Die Zimmer haben einen direkten Blick auf den Pool und den dahinterliegenden Indischen Ozean. Es ist wunderschön an diesem Ort. Hier erholen wir uns die nächsten Tage gut. Das Essen im Hotel ist sehr lecker und wir essen hier etliche Male. Am Strand spazieren wir oft entlang und werden, wie erwartet, auch regelmäßig von den Beach Boys genervt. Einen Tag machen wir auch einen Bootsausflug auf die Sandbank, schnorcheln davor und gehen in einem um die Ecke und in einer Höhle gelegenen Restaurant gemeinsam etwas essen. Die Atmosphäre im Höhlenrestaurant mit offener Decke ist toll, die Cocktails lecker (vor allem Manfreds Long Island Ice Tea), das Essen vorzüglich und die Nachspeise, ein Crêpe Suzette, wird direkt vorm Tisch für uns als kleine Showeinlage flambiert. Was für ein Spektakel! Hier merken Julian und ich erst so richtig wie anstrengend die Safaris und ganze Fahrerei waren. Alles fällt von uns ab und wir können uns richtig gut erholen, jetzt, wo wir kein Auto mehr haben. Ich vermisse den Landcruiser schon ein bisschen, nicht aber das Fahren.
Endlich haben wir auch mal Zeit mehr miteinander zu reden. Reden über das was einen bewegt und nicht darüber, wie man heute von A nach B kommt. Bei einem Essen im Hotel reden wir zu viert über die Eindrücke im Land und Christine meint, dass es ihr nicht so gefällt, dass sie und Manfred hier öfter mit „Mama“ und „Papa“ statt mit ihren Vornamen angeredet werden. Wir sind zunächst etwas überrascht, da unser Eindruck war, dass die Ansprache ein Ausdruck des Respekts ist. Christine erklärt, dass man dadurch sehr auf die Rollen reduziert wird, weniger von einem erwartet wird und man nicht mehr als Mensch gesehen wird. Uns würde das vielleicht nicht so auffallen, weil es uns nicht betrifft. Hm, obwohl ich zunächst nicht begreife, woher das kommt, fange ich während des Gesprächs an zu verstehen. Ich begreife, dass es vermutlich eher etwas ist, dass sich im gesamten Verhalten der Kenianer gegenüber älteren Menschen zeigt, das auch Ausdruck der gesellschaftlichen Erwartungen der Kenianer an sie ist. Es erinnert mich an unseren Urlaub in Tajikistan, als ich als Frau von dem einen Guide immer belehrt und fast schon erzogen wurde, Julian dagegen nicht, obwohl er die gleichen Sachen gemacht hat wie ich. Ich erinnere mich daran, wie mich das damals gewurmt hat. Jetzt kann ich mir auch besser vorstellen, wie es für Christine und Manfred sein muss.
Während unseres Aufenthalts hier ist Nikolaus. Christine und Manfred kommen einen Morgen mit einem Geschenk zum Frühstück. Wir freuen uns über die Rentiersocken! Gleichzeitig sind wir auch etwas geschockt, dass wir es vergessen haben. Oh nein, wir haben den Nikolaus total verpennt! Bei den heißen Temperaturen denken wir gar nicht richtig an Weihnachten…