Mit dem Nachtbus kommen wir am Morgen in Arequipa an. Wir sind erstaunlich erholt, dafür, dass wir im Bus übernachtet haben, aber die Luxussitze mit Kissen und Decke machen es einem leichter. Unser Gepäck lassen wir direkt beim Busunternehmen, da wir später noch zum Colca Canyon weiterreisen. Den Vormittag nutzen wir um einen Stadtrundgang durch Arequipa zu machen, obwohl gar nicht so viel Zeit bleibt. Die Stadt gefällt uns sehr gut, da sie so lebhaft ist. Wir besorgen hier die Marschverpflegung für die Wanderung im Colca Canyon, trinken auf dem Markt einen Smoothie mit einer uns bis dahin unbekannten Frucht und essen noch was Kleines bevor wir uns mit einem anderen Busunternehmen – der Luxusbus Cruz del Sur verkehrt nicht auf dieser Strecke – auf in die Colcaschlucht machen. Nach ca. 6 Stunden Busfahrt, auf der wir z.T. auf 4600 Metern und höher waren, erreichen wir im Dunkeln Cabanaconde, einen kleinen Ort von dem aus wir am Tag drauf unsere Wanderung beginnen wollen. Im Hostel lernen wir ein anderes deutsches Pärchen kennen: Sophia und Julius. Sie wollen eine 3-Tagestour machen und den Cruz del Condor eigentlich ausfallen lassen, aus Angst es an dem Tag nicht mehr rechtzeitig bis ins Camp Llaguar zu schaffen; wir erzählen ihnen, dass wir morgens noch zum Cruz del Condor wollen und eigentlich eine 2-Tagestour im Canyon planen. Als wir am nächsten Morgen zufällig gemeinsam am Frühstückstisch sitzen erzählen uns die beiden, dass sie nach unserem Gespräch am Vorabend ihre Pläne geändert hätten und jetzt doch den Cruz del Condor noch vor Beginn ihrer Wanderung einbauen; wir erzählen ihnen zugleich, dass auch wir nach der Unterhaltung mit ihnen jetzt eine 3-Tagestour machen werden. Lustig wie wir einander überzeugt haben… Am Ende kommt es sogar so, dass wir die ganzen 3 Tage zusammen wandern werden 🙂
Tag 1 – Cruz del Condor, Bekanntschaft mit der Polizei und Wanderung zu den heißen Quellen nach Llaguar
Julian und ich steigen am Morgen in den Bus, der am Cruz del Condor hält. Dort wollen wir Kondore von Nahem beobachten. Nach einer Weile tauchen diese auch auf und wir können sie richtig gut und nah sehen: manche fliegen nur 5 Meter über uns. Wow! Die Tiere sind zwar, ehrlich gesagt, ziemlich hässlich (siehe Nahaufnahme unten), aber mit ihrer großen Flügelspannweite sehr beeindruckend. Auch, wenn wir in Patagonien schon Kondore gesehen haben, so nah ist das nochmal was ganz Anderes.
Dann ist das Spektakel vorbei und wir wollen den Bus zurück nach Cabanaconde nehmen. Einziges Problem: Wir finden den Bus nicht. Er scheint vor 9 Uhr abgefahren zu sein, denn Julian hatte einen Bus der Firma Milagros vorher abfahren sehen. Da Sophia und Julius denselben Bus nehmen wollten, suchen wir jetzt gemeinsam. Sophia findet schließlich den Bus, den Julian vorbeihuschen gesehen hatte, versteckt um die Ecke als er gerade abfährt. Er scheint angehalten zu haben, weil noch Leute fehlten, aber wir kommen leider zu spät… Als wir uns durchfragen, wann der nächste Bus fährt kriegen wir jede mögliche Antwort von “der nächste fährt erst am Nachmittag“ bis zu “in einer, zwei oder drei Stunden“. Wir fragen auch die Polizei, die zufällig dort postiert ist, ohne Erfolg und beschließen dann per Anhalter zurück zu fahren. Ein Auto zu finden, das uns mitnimmt stellt sich allerdings als unfassbar schwierig heraus, denn auf der Strecke verkehren nur organisierte Tourenanbieter, die trotz freier Plätze niemanden mitnehmen… Nachdem wir fast eine Stunde erfolglos versuchen von dort wegzukommen erbarmt sich die Polizei, die uns bei unserer verzweifelten Suche die ganze Zeit zugeschaut hatte, und fährt uns nach Cabanaconde. Zu viert auf der Rückbank laden sie uns ein, mit unseren Rucksäcken auf der Ladefläche. Die Polizisten sind super nett und dank Sophia, die sehr gut Spanisch spricht, erhalten wir zusätzliche Tipps für unsere Wanderung. Sogar seine Telefonnummer gibt uns der eine Polizist, mit der Ansage, dass wir ihn kontaktieren können, wenn wir ein Problem haben, und mit der Bitte ihm doch Bescheid zu geben, wenn wir gut ankommen sind. Am Ende entsteht dieses (leicht überbelichtete) Foto von uns:
Glücklich jetzt doch noch unsere Wanderung beginnen zu können, marschieren wir zu viert los. Da das Tempo stimmt und wir uns gut unterhalten, verbringen wir den ganzen Tag mit Sophia und Julius. Am Anfang der Wanderung adoptieren wir auch einen süßen Straßenhund, den wir Pedro taufen, und der uns den ganzen Tag bis ins Camp begleitet. Da er sehr klein ist, helfen wir ihm so manches Mal über größere Steine hinüber:
Sophia und Julius geben Pedro regelmäßig Wasser, das Julian später auch aus dem Fluss besorgt, und ich gebe ihm in der Mittagspause auch ein Scheibchen meiner Mortadellawurst ab. Als wir im Camp ankommen, genießen wir die heißen Quellen, die so heiß sind, dass wir uns regelmäßig im kühlen Fluss daneben erfrischen. Wir erfahren auch, dass andere Wanderer von Hunden begleitet wurden. Das scheint wohl normal zu sein.
Erschöpft, aber glücklich fallen wir am frühen Abend ins Bett:-) Heute war es vergleichsweise einfach, denn die meiste Zeit ging es nur abwärts. Alles, was wir heute runter gehangen sind, müssen wir aber am dritten Tag wieder hoch gehen, dämmert es uns…
Tag 2 – Wanderung zur Oase San Galle und der tragische Verlust einer Badehose…
Nach dem Frühstück wandern Julius, Sophia, Julian und ich weiter zur Oase San Galle. Pedro scheint sich schon einer anderen Gruppe angeschlossen zu haben, denn wir finden ihn nicht im Camp. Dafür läuft uns später ein anderer Hund zu, den wir José taufen. Der ist aber nicht so treu wie Pedro und verlässt uns nach ner Stunde oder so schon wieder.
Die Wanderung ist schön: wir wandern durch einen Ort, der auf der Karte nicht eingezeichnet ist (Belen), machen eine gut anderthalbstündige Pause an einem Aussichtspunkt im Schatten, treffen einen Wanderer aus Singapur, der uns lehrt die am Wegesrand wachsendem Kaktusfrüchte zu essen (wenn auch nur mäßig erfolgreich, da Julius und ich die kleinen Stachel später trotzdem an den Händen und im Mund haben) und baden am Ende des Tages im Pool unserer Unterkunft in der Oase.
Eigentlich ein durchweg gelungener Tag, wenn da nicht der tragische Verlust von Julians Badehose dazwischen gekommen wäre… Zwei Mal steigt Julian an dem Tag den steilen Berg noch auf, macht gut 1200 Höhenmeter extra um sein geliebtes Adidasbadehöschen zu finden. Die Badehose war, zusammen mit meinem Bikini am Rucksack festgemacht, doch irgendwie ist Julians Badehose bei der Buschwanderung abgegangen… Dank unser Kamera können wir den Verlustort ziemlich genau auf 100 Höhenmeter festmachen, doch es bringt alles nichts. Die Hose ist einfach nicht aufzufinden… Julian ist traurig, aber ich verspreche ihm, dass wir eine genauso schnell trocknende Badehose wiederfinden…
Tag 3 – 1300 Meter Aufstieg aus der Schlucht und Rückfahrt nach Arequipa
Heute stehen wir früh auf um die Schlucht möglichst noch bei kühlen Temperaturen und kaum Sonne zu erklimmen. Dies ist wandermäßig zwar der kürzeste Tag, aber gleichzeitig auch der anstrengendste. Wenn man topfit ist, kann man die 1300 Höhenmeter in 3 Stunden erklimmen, die meisten brauchen aber eher 4 Stunden. Wir liegen im guten Mittel mit 3,5 Stunden. Wir sind froh als wir es geschafft haben, denn das letzte Drittel mit der Sonne war schon anstrengend… Immer wieder sehen wir auf dem Weg Leute auf Eseln an uns vorbei reiten, die gegen Bezahlung einen weniger anstrengenden Weg gefunden haben aus der Schlucht wieder herauszukommen. Wir sind stolz es auch ohne tierisches Hilfsmittel geschafft zu haben 🙂
In Cabanaconde angekommen, duschen Julian und ich in unserem Hostel noch schnell und machen uns auf den Weg zum Plaza de Armas (so heißt der Hauptplatz in jeder Stadt in Peru), wo wir uns mit Sophia und Julius treffen wollen. Die beiden kommen uns schon entgegen und erzählen, dass sie einen Minibustransfer nach Arequipa für uns 4 organisiert haben, der gleich abfährt. Toll, denken wir uns! Als wir in Arequipa ankommen, verabschieden wir uns herzlich von den beiden. Da sie ein paar Tage länger in Cuzco bleiben als wir treffen wir uns ja vielleicht dort noch mal, sagt Sophia noch zum Abschied. Ein wenig wehmütig gehen wir in unser Hostel, weil die Tage mit den beiden wirklich sehr schön waren…